14.09.2023, Eschwege
Beim gestrigen Besuch des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir in Eschwege trat das Hessische Bündnis für die Ernährungs- und Agrarwende (BEA) klar und deutlich für die Wahlfreiheit bei Lebensmitteln, mehr Verbraucher- und Umweltschutz und eine gentechnikfreie Landwirtschaft ein. Der Minister war auf Einladung der Landtagskandidat*innen Dr. Kristina Bayer (Wahlkreis 10) und Felix Martin (Wahlkreis 9) nach Eschwege gekommen, um auf die aktuellen politischen Herausforderungen zu blicken.
Schon am Eingang des E-Werks wurde der Minister mit einem großen Banner begrüßt, auf dem geschrieben stand: „Deregulierung der Gentechnik stoppen, Herr Özdemir!“ Im E-Werk überreichten dann Tim Treis, Sprecher der Vereinigung Ökologischer Landbau in Hessen und Oliver Diehl, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft Hessen (AbL) stellvertretend für die BEA Cem Özdemir ein vielfältiges „Gentechnik stoppen“-Paket. Darin enthalten: ein Glas Honig, eine bunte Vielfalt von Tomaten und ein „Klimapaket-Ökolandbau“. Ein beigelegter Steckbrief erläuterte die Bedeutung der einzelnen Bestandteile.
Hintergrund: Der aktuelle Entwurf der Europäische Kommission zur künftigen Regulierung gentechnisch manipulierter Pflanzen sieht vor, dass Pflanzen die mit neuen Gentechnikverfahren (wie z. B. CRISPR-Cas) erzeugten wurden in zwei Kategorien eingeteilt werden sollen: eine ohne und eine mit Zulassungsverfahren. Demnach würde der Großteil aller NGT-Pflanzen in die erste Kategorie fallen und damit weder auf Risiken geprüft noch am Endprodukt gekennzeichnet werden.
Oliver Diehl (AbL) sagte dazu: „Wir fordern den Minister auf, den inakzeptablen Gesetzesvorschlag der EU zu den neuen Gentechniken zurückzuweisen. Die darin vorgeschlagene, nahezu vollständige Deregulierung bedeutet das aus von gentechnikfreier konventioneller und ökologischer Landwirtschaft. Ein Glas gentechnikfreien Honig wird es damit zukünftig nicht mehr geben.“
Diehl führte weiter aus: „Der aktuelle Entwurf berücksichtigt das Vorsorgeprinzip nicht. Denn lebende und vermehrungsfähige Organismen lassen sich aus der Natur nicht mehr einfach entfernen. Daher sollten als Konsequenz des Vorsorgeprinzips gentechnisch veränderte Organismen erst dann in die Natur freigesetzt werden dürfen, wenn sie sorgfältig und kritisch geprüft wurden und langfristig mit einem Monitoring begleitet werden können.“
Zu der im Paket beinhalteten Tomatenvielfalt sagte Tim Treis: „Gentechnik wird die bunte Vielfalt an Kulturpflanzen, die wir über Jahrhundert aufgebaut haben, stark einschränken. Grund dafür sind die Patente, die auf gentechnisch veränderte Pflanzen angemeldet werden dürfen. Sie nehmen uns die Möglichkeit, resiliente und anpassungsfähige Pflanzen zu züchten und bringen Abhängigkeiten von großen Konzernen. Das ist weder im Interesse von Züchter*innen und Bäuer*innen noch von Verbraucher*innen.“
Mit Blick auf das Klimapaket-Ökolandbau erklärte Treis abschließend: „Um unsere Lebensmittelsysteme wirklich nachhaltig zu machen, müssen wir uns von vermeintlich einfachen, kurzfristigen Lösungen verabschieden. Damit steuern wir in die nächste Sackgasse von Abhängigkeiten und vergrößern die Instabilität unserer Agrar- und Ernährungssysteme. Um dauerhaft gut ernten zu können, brauchen wir eine Agrarpolitik, die den drängenden ökologischen Problemen gerecht wird. Gute Ansätze finden sich dabei z.B. im Ökolandbau. Für mich ist klar: humusmehrende Fruchtfolgen, Kreislaufwirtschaft und regionale Versorgungsstrukturen sind die Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit. Damit lässt sich nachhaltig dem Klimawandel, dem Hunger in der Welt und dem Verlust der Artenvielfalt begegnen.“
Bei Fragen zu dieser Pressemeldung stehen für Rückfragen gern bereit:
Tim Treis, Sprecher der VÖL, Vereinigung Ökologischer Landbau in Hessen e.V. (tim.treis@voel.de)
Susanne v. Münchhausen, Sprecherin des Ernährungsrates Frankfurt/M und Mitglied des erweiterten Vorstandes von BIONALES e.V. (s.vonmuenchhausen@ernaehrungsrat-frankfurt.de)